VIEW #15
drawing unplugged
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Rainer Thomas
14 Zeichnungen aus der hundert Blätter umfassenden Folge umhergehen von 2013
Meine Zeichnungen... bilden nichts ab oder nach und importieren nichts aus einem anderen Medium. Sie sind in diesem Sinne unabhängig und autonom, auch in der Weise, daß sie keine Entwürfe sind etwa für Malereien oder für weitere Zeichnungen. Auf diese Weise zwar selbständig, stehen sie dennoch in wechselnd nahem Zusammenhang mit all dem, was mich umgibt und umtreibt. Dieser Zusammenhang, diese Bindung ist nicht unmittelbar sichtbar, denn vordergründig geben die Zeichnungen nichts davon wieder, illustrieren und bebildern nichts, beschreiben nichts, imitieren nichts. Sie sind zuallererst das, was sie sind, wesentlich also in Beziehung stehende Linien auf annähernd rechteckiges Papier gesetzt, welches in der Anverwandlung und mit seinen leer belassenen Partien vom Träger zum Bildmittel selbst transformiert. Meine Zeichnungen sind Ausdruck bildnerischen Denkens und nicht eines in Bildsprache übersetzten Denkens in Begriffen. Man kann sie nicht nacherzählen oder nachsprechen. Raum, Bewegung, Form, Angedeutetes, Ausgeprägtes, Aufscheinenendes, Kommendes, Gehendes, Verschwindendes, Leichtes, Schweres, Vereinzeltes, Gebundenes, Fülle, Leere und anderes oft Gegensätzliche mehr, Verhältnismäßigkeiten, Bedingungen und vor allem Wandel sind hier Elemente, Momente und Ereignisse, die nicht wie Verkehrszeichen auf Entsprechungen außerhalb der Grenzen des Blattes und des Metiers verweisen. Als gleichsam nacktverhüllter Widerschein des Beziehungsgeflechts der Dinge zielen sie zumindest auf deren inneres Armierungsgitter, also eher Richtung Kern als Schale. Weil alles Sichtbare Form hat, sind Assoziationen unabdingbar. Ob und wie weit man diesen folgt und wie man sie einordnet, ist zwar abhängig von den Formvorgaben und der Seherfahrung, viel mehr aber doch von der Bereitschaft und Fähigkeit, nicht in Ergebnissen sondern in Prozessen zu denken.
Meine Zeichnungen fallen nicht vom Himmel, auch wenn sie mir zufallen; aber sie kommen wie von weit her. Oft kommen sie schnell und dauern - und manchmal verweigern sie sich schmerzlich.
Rainer Thomas, Auszug aus einem Vortrag (Titel: Im Stehen gehen oder Der Ochse vor dem Berg) über die eigenen Zeichnungen, gehalten in der kunst galerie fürth im November 2010